Die erste Klasse in der Waldorfschule
Hallo Ihr Lieben,
ihr fragtet nach MEHR WALDORFSCHULE. Mehr Infos über unser Leben als Waldorfschul-Familie. Und heute möchte ich einen Rückblick auf die letzten sechs Monate geben:
Es ist Februar und wir stehen kurz vor der Faschingszeit. Ich sage Euch, die ersten Monate in der Grundschule sind so schnell verflogen, dass mir ganz schwindelig wird, wenn ich zurückblicke.
Die Zeit teile ich ein Abschnitte ein, da wir diese auch so erlebt haben und sich immer wieder etwas für die Kinder änderte.
Die ersten sechs Wochen
Der erste Abschnitt waren die Wochen von der Einschulung bis zu den Herbstferien. Die Klasse, die aus 18 Kindern besteht hat zwei Klassenlehrer (eine Lehrerin und einen Lehrer). Zudem ist eine Heilpädagogin anwesend, die zwar eigentlich wegen einem Kind kommt, aber bei den Kindern als dritter Ansprechpartner wahrgenommen wird und sich jedem Kind sehr herzlich annimmt.
Zudem waren die ersten sechs Wochen die Paten der Erstklässler ständig anwesend: Die jetzigen Neuntklässler, die die selben zwei Klassenlehrer acht Jahre lang hatten, stehen jeweils zu zweit einem Neunankömmling zur Seite. Das fängt damit an, dass sie meistens schon im selben Bus zur Schule fahren, wie die Kleinen und so die Kinder bis zu ihrer Klasse begleiten können. Und hört mit dem Begleiten nach der Schule zum Bus auf.
Es wird mit den Paten gespielt, gesungen und gefrühstückt. Und dann haben die Erstklässler auch immer etwa 90 Minuten Unterricht in den ersten Wochen.
Nach rund zwei Stunden geht es dann ab in den Hort, wo die Kinder spielen. Es wird sehr darauf geachtet, dass der Übergang weich und nicht zu überwältigend ist, denn die Kinder sollen nicht mit einem riesigen Schrecken in den Schulalltag finden.
Viktoria kam in diesen ersten Wochen gegen 13 Uhr nach Hause. Jedoch wäre es auch möglich gewesen, sie schon länger in den Hort zu schicken, es haben ja nicht alle Eltern die Möglichkeit, Mittags zu Hause zu sein…
So sind die ersten sechs Wochen wirklich ein sanfter Start in das völlig neue Leben gewesen. Viktoria ist jeden Morgen dem Schulbus entgegen gesprungen, so sehr freute sie sich auf die Schule. Und sie konnte in der Tat jeden Tat irgend etwas Neues, was sie uns dann stolz zu Hause zeigte.
Der zweite Abschnitt: Herbst bis Weihnachten
Der zweite Abschnitt begann nach dem Herbstferien. Ab dem Zeitpunkt hatte auch der Stundenplan Gültigkeit erlangt und die Kinder hatten neben den zwei Stunden Hauptunterricht am Morgen fortan auch täglich ergänzende Fächer wie Turnen, Gestalten, Musik und Tanz. Auch Handarbeit und Englisch wurden eingeführt, genau wie Eurythmie (das Wort kann ich immer noch nicht schreiben, sehr peinlich!). Bis 11:40 haben die Kinder also täglich Unterricht. Und danach gehen die meisten in den Hort, nur wenige werden um 12 Uhr von den Eltern abgeholt.
Die Vorweinachtszeit wurde von zwei wundervollen Lichterfesten erhellt: Zum einen Sankt Martin mit dem allseits bekannten Laternelauf. Es wurden natürlich auch wunderschöne Laternen in der Schule gebastelt, welche die Kinder mit Stolz (und mit echten Kerzen!) trugen.
Und ein Ritual, welches wir noch gar nicht kannten, fand statt: Das Adventsgärtlein.
Das Adventsgärtlein ist ein Lichterritual, bei dem die Kinder mit einer Kerze in der Hand nach und nach durch eine aus Tannenzweigen gelegte Spirale laufen:
Dieses Ritual war für die Klasse ein sehr emotionaler Moment, alle Kinder waren sehr bedächtig und mit Herz bei der Sache und jedes einzelne Kind strahlte Stolz und Freude aus:) Das trieb einigen Mamis die Tränen in die Augen.
Vor allem, für Eltern, die das Ritual noch nicht kannten, war der Moment sehr ergreifend.
Wieder einer der Momente, in denen ich spürte, dass diese Schule genau richtig ist. Für Viktoria und auch für uns Eltern, wenn man sieht, wie sehr das Kind die Menschen an der Schule, die Klasse und den Unterricht liebt.
Klischees an der Waldorfschule
Viele fragen uns, ob die Schule so klischeebehaftet ist, wie man es als Außenstehender vermutet. Da muss ich gestehen: Nein, absolut nicht. Und: Ja, absolut!;)
… also, es wird nicht der Herr Steiner angebetet. Er ist gar nicht Thema in dem Alter / der Klassenstufe, in der wir uns befinden.
… wir sind nicht jedes Wochenende im Klassenraum um zu putzen. Sondern alle paar Monate mal. Es wird sich abgesprochen, wer wann welche Jobs übernehmen kann und niemand fliegt aus dem System, wenn er nicht kann.
… „die lernen, wie man seinen Namen tanzt? Aber von Schreiben und Lesen keine Spur!“ – Nö. Stimmt nicht. Absolut nicht! Bewegung ist ein essentieller Teil im Tagesgeschehen an der Schule und auch Eurythmie hat Viktoria als Schulfach seit den Herbstferien. Aber dort lernen die Kinder Koordination und Rhythmusgefühl. Und Lesen und Schreiben lernt Viki auch, sie kann schon ziemlich viel selber entziffern:) Nur ist der pädagogische Ansatz kreativer und schöner als an der Regelschule.
… „die Kinder tanzen doch nur über die Tische und den Lehrern an der Nase herum!“ – Wer das behauptet, war wohl noch nie an einer Waldorfschule. Es wird durchaus über die Tische getanzt, aber dann auf das Kommando der Lehrer hin;) Die Klassenlehrer sind sanft und setzen trotzdem klare Grenzen. Sie begegnen den Kindern auf Augenhöhe aber sind die Kommandohabenden, auf die die Klasse mit Respekt reagiert. Die Lehrer sind sehr beliebt, sie können auch schimpfen, aber es ist stets klar, dass der Rüffel nichts mit weniger „Liebe“ dem Kind gegenüber zu tun hat. „Liebe“ setze ich in Anführungsstriche, weil der Begriff in heutigen Tagen schnell falsch aufgefasst wird. Man kann auch offenherzig, liebevoll, respektvoll schreiben. Aber das wären ja keine Substantive;)
Viktoria liebt ihre zwei Klassenlehrer sehr inbrünstig. Sie weiß, dass sie gesehen wird, dass sie angenommen wird, dass sie in den Herzen der Lehrer einen Platz hat. Und das sorgt dafür, dass sie täglich voller Vorfreude zur Schule geht:)
Erst einmal war das glaube ich alles. Wenn ich noch mehr zu berichten weiß, schreibe ich natürlich weiter!
Liebe Grüße
Eure Mira
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