Die Zeit der gelben Umschläge – Was tun bei einer Pfändung?
Liebe Leser,
dieser Artikel ist allen jenen Menschen gewidmet, die sich in der schrecklichen Situation befinden, aus irgendeinem Grund eine Pfändung auf dem Konto zu haben.
Ich habe es selber seit letztem Jahr „live“ erleben müssen, und muss erst einmal sagen:
Viele, sehr viele Magenkrämpfe kamen von gelben Mahnschreiben. Auch, wenn ich nicht primär daran Schuld war, dass ich vielen Zahlungsaufforderungen nicht mehr nachkommen konnte (siehe „Acht Monate vom Amt verlassen“), das ist in dem Moment, in dem man einen Pfändungsbeschluss aus dem Briefkasten angelt nicht mehr relevant.
Jeder, der zusammen zuckt, sobald man einen senfgelben Briefumschlag im Briefkasten findet, sei gesagt: Das ist nicht das Ende der Welt, auch wenn es in den ersten Minuten so in etwa schmeckt…
Wirklich nicht.
Ich habe schon etliche dieser Beschlüsse bekommen, und werde hoffentlich bald durch eine Entschädigungszahlung aus den Miesen herauskommen.
Mein größter Fehler, den ich in der Zeit der gelben Umschläge gemacht habe, war dieser:
Ich habe mich sozusagen „tot gestellt“, indem ich diese Briefe nie geöffnet habe. Dadurch sind viele Urteile gefällt worden, ohne meine eigene Aussage dazu abzugeben. Und oft wäre eine Stundung / Ratenzahlung / manchmal sogar ein Schuldenerlass möglich gewesen, wenn ich nur IRGENDWIE reagiert hätte!!! Das habe ich erst gekonnt, nachdem ich Deva, einen Mann, der mir Hoffnung gab und gibt, an meiner Seite hatte.
Erst mit seiner Hilfe habe ich auch den ersten Schritt zur Schuldnerberatung geschafft.
Denn um ganz ehrlich zu sein, dachte ich vorher immer, es sei halt mein Pech, dass ich in Schulden ersticke. Und dass es keinen Ausweg gibt. Der Gedanke mit dem fehlenden Ausgang war sogar so schlimm, dass ich einen Abend lang der Meinung war, dass ich eine Zumutung für mein eigenes Kind wäre. Und damals wollte ich nicht mehr leben.
Zum Glück gibt es wunderbare Menschen, die mich aufgefangen haben.
Und genau da fängt mein aller wichtigster Tipp an:
REDET ÜBER EURE SITUATION!!!!
Und wenn ihr es keinem Freund oder Verwandten zutraut, geht in eine Kirche oder so!!! Es soll auch anonyme Selbsthilfegruppen geben. Wenn ich eine hier gehabt hätte, wäre ich dahin gegangen.
Auch bei der Lebenshilfe / Caritas kann man immer ein offenes Ohr finden.
Und genau so geht es auch weiter mit meinen Ratschlägen:
Nehmt euch einen guten Menschen an Eure Seite, und sortiert die Briefe alle durch. Oft entfällt über die Hälfte der Briefe in den Papierkorb, da es mehrere Mahnungen gibt. Und man benötigt allen ernstes nur die aller letzte, da dort der aktuelle Betrag drauf steht, den man noch schuldet;)
Tja. und dann:
Bleibt mutig!
Es gibt immer wieder kalte Menschen, die mit einem kommunizieren, aber meiner Erfahrung nach sind die allermeisten Gläubiger auch nur Menschen, Und die freuen sich (wirklich!!!), wenn man ihnen mitteilt, was gerade los ist und ihnen mitteilt, dass man wirklich gewillt ist, etwas zu tun …
Um so ehrlicher man ist, desto eher trifft man auf Verständnis.
Hier ein paar Fakten, die ihr wissen müsst, wenn ihr eine Pfändung bekommt:
- Geht zu eurer Bank (SOFORT!!!) und lasst euer Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto (auch „P-Konto“ genannt) umwandeln. Das geht einfach so, ohne dass man da Papiere vorlegen muss.
- Geht zur Schuldnerberatung. Dort stellt man euch ein Formular aus, dass ihr dann unbedingt zur Bank bringen müsst. Denn nur mit diesem Formular wird Euch der Pfändungsfreibetrag auf dem Konto eingetragen. Bis zu diesem Betrag funktioniert euer Konto dann wieder wie bisher. Alles war über diesem Betrag auf eurem Konto eingeht, wird an die Gläubiger abgeführt!!!
- Auch wenn ihr irgendwelche sonstigen Zahlungen bekommt, müsst ihr die von der Schuldnerberatung freigeben lassen. Das ist natürlich nur möglich, wenn das Geld zur Grundsicherung gehört. Bei mir war es die dann doch endlich mal eingetroffene Nachzahlung des Arbeitsamtes. Wenn ihr das nicht macht, wird ALLES abgeführt!!!!!
- Bei der Schuldnerberatung solltet ihr folgende Nachweise dabei haben (doof, wenn ihr nochmal wieder kommen müsst, weil ihr das nicht vorher wusstet…): Einkommensnachweise (auch das vom Jobcenter oder Arbeitsamt!), Kindergeldbezugsnachweis (habe ich komischer Weise nicht gebraucht, aber ich bin ja allein erziehend), Nachweise über Unterhaltszahlungen, wenn ihr Krankengeld bekommt: die Bescheinigung darüber
- Am letzten Wochen(!)tag des Monats müsst ihr das Guthaben vom Konto abgehoben haben, da ab dem ersten ein neuer Abschnitt für die Berechnung genommen wird. Alles was dann noch vom Vormonat auf dem Konto ist, kann auch abgeführt werden:-(
Ja, es ist sehr hart.
Ich habe viele, hunderte Nächte nicht geschlafen, weil einen dieses Gefühl der Geldsorgen so dermaßen erstickt, dass man meint, man würde gleich einen Herzinfarkt erleiden.
Und es sind in diesen Nächten so unfassbar viele Tränen geflossen. Aus Verzweiflung.
Und aus Angst.
Ich hatte enorm oft Angst, dass am nächsten Tag die Polizei vor der Tür steht und mich „abführt“;)
(Warum ich hier den Smiley setze weiß ich auch nicht so genau. Eigentlich war es absolut nicht lustig…)
Ja, ich hatte so Angst, dass man mich einsperrt, weil ich mich totstelle und auf keine Mahnungen reagiere.
Und zum „Totstellen“ möchte ich auch noch was loswerden:
Das ist leider eines der häufigsten Symptome bei einer traumatischen Situation. Und eine traumatische Situation ist bei argen Geldsorgen nicht von der Hand zu weisen. ES GEHT UM DIE EXISTENZ. Das sind Todesängste.
Leute, ihr glaubt nicht, wie oft ich dachte, es zerreißt mich gleich.
Ich bin erstarrt, eingefroren, geflohen.
Und habe es irgendwie geschafft.
Das irgendwie nennt sich Deva. Und auch Püppilottas Papa hat mich noch nie im Stich gelassen.
Das ist heute nicht mehr selbstverständlich:-(
Ich wünsche Euch allen, dass ihr entweder nie in eine solch schlimme Situation kommt.
Oder, wenn es euch betrifft, dass ihr auch herzlichen Menschen ermöglicht Euch zu unterstützen:)
Liebe Grüße
Eure Mira
Neeltje Forkenbrock
16. Januar 2019 at 17:17Ich denke, so geht es vielen Schuldnern. Ich kann auch nur raten zu reagieren und sofern dies nicht mehr möglich ist eine Schuldnerberatung aufzusuchen. Wenngleich diese Schockstarre verständlich ist, kann es dadurch nicht besser werden.