Ich möchte eine Lanze brechen für die Flüchtlinge

Stellen Sie sich für einen Augenblick mal die Situation in Syrien vor, mit der Wahl zwischen „Pest und Cholera“. Auf der einen Seite eine skrupellose Regierung, die ihre eigene Bevölkerung, unterstützt von der russischen Armee, bombardiert und auf der anderen Seite die Terrorgruppe des Islamischen Staats, die die so verabscheuungswürdig mit allen anders denkenden Menschen umgeht. Da steigt von Tag zu Tag die Angst von einer Bombe oder einer Granate von der gerade vorherrschenden Gruppe getroffen zu werden, ob nun einfach bei dem Versuch das Haus zu verlassen oder etwas zu Essen zu ergattern.

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Was würden sie in diesem Fall machen? Abwarten und betten oder alles daran setzen ihren Kindern und Frau ein Überleben in einer menschenwürdiges Umgebung zu bieten? Auch wenn sie nicht einmal wissen, ob sie den Weg zu ihrem unbekannten Ziel schaffen bzw. lebend überstehen werden.

Ich weiß nicht, ob ich diesen Mut hätte, doch ich wünschte mir, ihn zu besitzen.

Und da gibt es ja noch die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge, die sich für sich allein oder ihre Familie ein besseres Leben bzw. überleben wünschen, weil sie dies für sich in ihrer vertrauten Heimat nicht mehr für möglich halten.

Was machen wir anderes, wenn wir von Nord nach Süd oder vom Land in die Stadt ziehen? Meist in der Hoffnung auf bessere wirtschaftliche Bedingungen.

Aber es ist ja auch „unser Land“ (…) und daher etwas vollkommen anderes als bei den sog. Wirtschaftsflüchtlingen.

– Ist es das wirklich? Wie sehen Sie das mit dem Glück des in „Freiheit“ geborenen? Bietet es uns das moralische, vom christlichen Recht möchte ich gar nicht erst reden, obwohl den Gegnern der Flüchtlinge gerade diese Kultur so Erhaltens wichtig zu seien scheint.

Ich lebe noch immer sehr gerne in Deutschland und fiebere auch bei internationalen Meisterschaften für unser Land, doch ansonsten fühle ich mich viel eher als Erdbewohner bzw. Mensch statt als Deutscher.

Aktuell hat Mira heute einen Kindergartenplatz für Püppilotta erhalten. Die Gruppe war bzw. sollte bis Januar in einem Haus gerade mal 200 Meter von ihrer derzeitigen Wohnmöglichkeit untergebracht werden. Von dem Problem der Wohnungssuche habt ihr vermutlich hier schon gelesen.

Durch die vielen Flüchtlinge musste dieses Haus nun geräumt werden und die Gruppe ist in 15 km entfernt liegenden Räumlichkeiten untergebracht. Von Freunden hören wir immer wieder, dass Sporthallen für Flüchtlinge genutzt werden und die Sportkurse abgesagt und Vereinsaktivitäten lahm gelegt werden.

Diese Maßnahmen machen Angst unser gewohntes Leben (noch mehr) einschränken zu müssen, wodurch ein Mangelgefühl entsteht. Dieses schieben wir dann schnell den Flüchtlingen zu. Was verständlich, aber nicht richtig ist, denn nicht die Flüchtlinge sind für diese Politik bzw. für die Beschlüsse der Politiker verantwortlich. Die Angst beruht vor allem darin, dass uns die zu uns kommenden Flüchtlinge, uns fremd sind. Und Fremdes macht uns, wie Veränderungen auch, erst einmal Angst, bis wir das Neue besser kennengelernt haben. Das „verhängnisvolle“ daran ist, dass wir nicht das „Positive“, den Schutz der Flüchtlinge vor Krieg und Terror, sondern nur den Mangel sehen.

 Ich wünsche mir, dass wir uns mehr den „Erfolg“ bei der Hilfe für die Flüchtlinge vor Augen halten, anstatt den Mangel, bzw. die Einschränkungen und damit verbundenen Schwierigkeiten wie zum Beispiel bei der Wohnungssuche, beim Sport etc.

Nicht zuletzt wünsche ich mir mehr von einem „Eine Welt-Bewusstsein“ als von einem übersteigerten Nationalbewusstsein. Wohin dieses führt, sollten wir eigentlich noch in Erinnerung haben.

Ps. Vielleicht ist das große Interesse der Flüchtlinge zu uns kommen ja nicht nur eine Bestätigung, dass nicht alles falsch läuft in unserem Land, sondern zu dem ein Geschenk unseren Fokus wieder auf das Menschliche zu legen. Es tut so gut, wenn man anderen Menschen etwas geben kann, bei mir reicht es häufig schon, wenn ich jemanden die „Vorfahrt“ gewähre, mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Welche Freude können wir dann erst empfinden, wenn wir uns immer wieder vor Augen halten, vor welchen Gefahren wir den Flüchtlingen Schutz bieten.

1 Comment

  1. Deva

    14. November 2015 at 21:06

    Aktuell zum Anschlag in Paris möchten wir, die uns sehr berührende Anteilnahme Europas und weiten Teilen der Welt, nutzen, um daran zu erinnern, dass der aller größte Teil der Flüchtlinge, auch Opfer des islamistischen Terrors sind und auch ihnen diese Solidarität gelten sollte.

    In tiefer Verbundenheit und Anteilnahme

    Anita und Deva

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